Verfahrensbeistandschaften
Sozialarbeit / Sozialberatung
Rechtliche Betreuung
Der Verfahrensbeistand arbeitet unabhängig von Jugendamt, Richter, Anwälte, Sachverständige, Beratungsstellen, etc. Er soll Kinder und Jugendliche bei gerichtlichen Verfahren über Umgangsregelungen, Streit oder drohenden Entzug der elterlichen Sorge, Gefährdung des Kindeswohls, Freiheitsentzug mit einer verbundenen Unterbringung des Kindes ins Heim oder Pflegefamilie, etc. vertreten.
"Verfahrensbeistände" werden i.d.R. von Gericht für Kinder u. Jugendliche seit dem Kindschaftsreformgesetz vom Juli 1998 in Kindschaftssachen nach §151 FamFG, in denen ein Interessenkonflikt zwischen dem Kind und seinen Eltern oder anderen beteiligten Parteien besteht oder bestehen könnte, da wird für die Kinder ein Verfahrensbeistand bestellt. Die gestzliche Grundlage, wonach der Verfahrensbeistand bestellt werden kann, ist in §158 FamFG geregelt.
Der Verfahrensbeistand vertritt Kinder und Jugendliche in Verfahren vor Familiengerichten und Behörden. Es ist die Aufgabe, die Interessen der Kinder und Jugendlichen zu kennen und ihre Rechte zu wahren.
Der Verfahrensbeistand soll sich dafür einzusetzen, dass die Verfahren nach dem §155 FamFG - Vorrang- und Beschleunigungsgebot schnell stattfinden, um damit die möglichst kurze Verfahrensdauer an den Interessen der Kinder und Jugendlichen anzupassen.
Der Verfahrensbeistand stellt nötige Anregungen, Anträge und Stellungnahmen für die Kinder und Jugendlichen an die Gerichte und Behörden. Diese Anregungen, Anträge oder Stellungnahmen werden den Kindern und Jugendlichen in einer für sie verständlichen und altersgerechten Sprache erklärt.
Der Verfahrensbeistand soll auch mit den Kinder und Jugendlichen realistisch über eventuelle Lösungen und Ausgänge der jeweiligen Situation sprechen. Die Kinder und Jugendlichen werden bis zum Verfahrensende begleitet und im Anschluss über das Ergebnis informiert.
Manchmal werden Kinder im Gerichtsverfahren für eine persönliche Anhörung einbezogen, aber wenn das nicht der Fall ist, dann vertritt dafür der Verfahrensbeistand das Kind. Wenn ein Kind vom Richter angehört werden soll, dann muss dies in Gegenwart des Verfahrensbeistand geschehen. Nach dem Gerichtsverfahren informiert der Verfahrensbeistand das Kind über die Entscheidung des Richters.
Der Verfahrensbeistand kann bis zum Oberlandesgericht Rechtsmittel einlegen und über die Entscheidung des Amtsgericht verlangen, dass die Entscheidung geprüft und abgeändert wird. Deshalb sollte das Kind dem Verfahrensbeistand sagen, ob es mit der Entscheidung zufrieden ist.
Bei Regelungen und Entscheidungen über die elterliche Sorge, Aufenthalt, Verbleib und Umgangszeit des Kindes bei einen oder beiden Elternteile, das meist bei Trennung & Scheidung der Fall ist, dann stellt sich oft die Frage für das Kind:
-Welcher Elternteil soll sich mit seiner elterlichen Pflicht um die Rechte des Kindes verantworten?
-Wo soll das Kind wohnen?
-Wie oft und lange soll es mit seinen Bezugspersonen Umgang haben? Ein Umgangsrecht haben Kinder nach §1684 BGB mit deren Eltern. Anderen Bezugspersonen nach §1685 BGB, wie z. B. Großeltern haben ein Recht auf Umgang mit den Kindern, wenn es dem Kindeswohl dient). -Dient es dem Kindeswohl, wenn das Kind den Kindergarten oder die Schule wechseln soll?
-Auch andere Fragen können bestehen!
Schön ist es, wenn die Eltern mit Kinder, die Fragen gemeinsam besprechen können, denn Eltern und Kinder haben Wünsche, Interessen und Kummer in solchen Situationen. Deshalb sollte möglichst gemeinsam eine gute Lösung gefunden werden. Gut wäre es, wenn die Lösung ohne Anwälte und Gerichte durch eine Vereinbarung erzielt wird. Findet keine außergerichtliche Lösung statt, dann muss das Gericht entscheiden.
Es gibt sehr viele Möglichkeiten von Vereinbarungen, z.B. zur Gemeinsamen elterliche Sorge, der Umgangsvereinbarung (Musterbeispiel), Aufenthalt also das Wohnen des Kindes in einer oder mehrerer Wohnungen, wo sich u.a. Eltern die Betreuungszeit des Kindes aufteilen, z.B zum Nestmodell (Musterbeispiel), Residenzmodell (Musterbeispiel), Doppelresidenzmodell/ Wechselmodell (Musterbeispiel).
Eltern sollten (mit dem Kind) gemeinsam eine gute Lösung für das Kind finden.
Oft gibt es Streit oder Uneinigkeiten über die elterliche Sorge oder Einhaltung der Umgangsvereinbarung/-regelung, dann wird das Gericht entscheiden und ggf. ein Umgangspfleger, Ergänzungspfleger oder Vormund beauftragten, um zu sorgen das die Regelung und Entscheidung des Gerichts eingehalten wird.
Das Kind im gerichtlichen Verfahren
Für den Richter ist es vor einer gerichtlichen Entscheidung wichtig über die Wünsche, Interessen und Meinung, etc. des Kindes informiert zu sein, um über eine bestmögliche Lösung für das Kindeswohl zu entscheiden. Deshalb kann der Richter veranlassen, dass das Kind mit einem Verfahrensbeistand, Sachverständigen (meist Psychologen) oder mit dem Richter selbst über die Interessen und Wünsche spricht.
Sachverständigenggutachten in Kindschaftssachen
Manchmal beauftragt das Gericht zur Beweisfrage des Falls, einen Sachverständigen mit der Beguachtung des Falls, um sowohl ein bessere Bild von der Situation zu erhalten als auch gemäß deren Amtsermittlungspflicht den Fall, rechtskräftig zu entscheiden. Der Sachverständige ist in der Regel ein Psychologe, dieser mit dem Kind oder auch Eltern spricht, ihnen Fragen stellt und meist psychologische Testverfahren mit ihnen durchführt. Ein solcher Test wird gemacht, wenn festgestellt werden soll, ob z. B. die Eltern sich zuverlässig um das Kind kümmern etc.
Kinderschutz
Manchmal kann es sein, das primär Gefahr für das Kind besteht, ohne dass das Ausmaß für das Kind oder den Eltern bewusst ist. Zum Beispiel versäumt das Kind den Schulunterricht, die Eltern wissen es nicht oder können das Kind nicht zur Schulpflicht anhalten, dann kann das Jugendamt oder Gericht eingreifen, sodass dann ein Vormund für das Kind bestellt oder den Eltern Teile der elterlichen Sorge entzogen und auf ein Ergänzungspfleger übertragen werden können.
Das Gericht und Jugendamt sind verpflichtet, alle Kinder und Jugendlichen, bei denen eine Gefährdung vorliegt, zu schützen. Eine Gefährdung ist ein solche, wenn die ernste Möglichkeit besteht, dass das Kind körperlich, geistig oder seelisch verletzt wird oder werden könnte.
Das Gericht und Jugendamt haben die Aufgabe des staatlichen Wächteramts, sie sollen durch Hilfe oder Massnahmen versuchen zu gewährleisten, das z.B . Eltern ihre Pflichten zur Erziehung und Pflege des Kindes einhalten, denn Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Gesundheit, Bildung, Erholung und Freizeit, Beteiligung und Mitsprache. Recht auf Familie, elterliche Fürsorge und Schutz der eigenen Rechte.
Sind die Probleme oder Schwierigkeiten enorm, dass trotz Hilfen oder Maßnahmen nicht gelöst werden können, dann können Eltern die elterliche Sorge teilweise oder komplett verlieren.
Gegebenenfalls kann als Schutzmaßnahme erfolgen, dass das Kind in einer Pflegefamilie, Kinder- und Jugendheim, geschlossenen Einrichtung oder psychiatrischen Klinik etc. untergebracht wird.
Gefährdungsmeldung
Alle, ob fremd, bekannt oder verwandt, sowie Nachbarn, Lehrer, Ärzte, Freunde, Bekannte oder Verwandte, können beim Jugendamt eine Gefahr melden, wenn sie den Eindruck oder das Wissen haben, dass ein Kind einer Gefahr ausgesetzt ist. Die anonyme oder namentliche Gefahren-meldung kann sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen.
Ämter, Behörden, Lehrer, Erzieher und Ärzte sind verpflichtet, wenn sie den Eindruck oder das Wissen haben über die Gefährdung eines Kindes oder Jugendlichen, das Jugendamt oder dem Gericht zu melden. Melden sie es nicht, würden sie sich strafbar machen.
Sobald das Jugendamt oder Gericht eine Gefahrenmeldung erhält, muss es diese prüfen. Wie die Prüfung erfolgt, hängt von der Gefährdungsart und -grad ab. Eventuell wird erst mit dem Kind oder mit den Eltern geredet, anschließend entschieden, welche Hilfe oder Maßnahme nötig ist, um die Gefahr abzuwenden.
Beratung und Rechte von Kinder und Jugendliche
Kinder- und Jugendliche können sich beraten und helfen lassen beim zuständiges Jugendamt vor Ort, Kinderschutzbund vor Ort, UNICEF vor Ort oder Informationen erhalten durch das Kinder- und Jugendhilfegesetz, die UN-Kinderrechtskonvention
Rechte und Pflichten der Kinder und Eltern
Die Eltern sind verantwortlich und die gesetzlichen Vertreter ihrer Kinder bis zum Ende deren 18. Lebensjahr. Ein Kind hat ab seiner Geburt Rechte, mit zunehmendem Alter erwachsen auch die Rechte und Pflichten eines Kindes. Einige der Rechte und Pflichten sind von besonderer Bedeutung, wenn Eltern sich trennen, scheiden und über das Recht und die Pflicht zur elterlichen Sorge und Umgang streiten.
Das Kind hat ein Umgangsrecht zu jedem Elternteil. Die Eltern haben das Recht und die Pflicht zur Pflege und Erziehung des Kindes.
Es gibt ein Unterschied zwischen verheirateten Eltern und nicht verheirateten Eltern bezüglich der gemeinsamen elterlichen Sorgepflicht.
Die verheirateten Eltern haben mit der Geburt des Kindes die gemeinsame elterliche Sorge für das Kind. Die nicht verheirateten Eltern können vor oder nach der Geburt des Kindes eine schriftliche Erklärung beim Standesamt, Jugendamt oder Notar abgeben, dass beide Elternteile sich für die elterliche Sorge für ihr Kind verantworten in Form einer Sorgeerklärung.
Geben die nicht verheirateten Eltern keine Sorgeerklärung ab, so hat die Mutter die elterliche Sorge für das Kind alleine.
Seit 13.05.2013 kann der Vater die gemeinsame elterliche Sorge bei Gericht beantragen, auch wenn die Mutter keine gemeinsame Sorge möchte. Das Familiengericht wird den Eltern die gemeinsame elterliche Sorge übertragen, wenn dies für das Kind gut ist.
Haben Mutter und Vater die gemeinsame elterliche Sorge, bleibt dies auch nach einer Trennung bestehen. Angelegenheiten die einmalig oder von wichtiger Bedeutung sind, z. B. welche Schule das Kind besuchen soll oder ob eine nicht notwendige Operation am Kind vorgenommen werden soll, so haben beide Elternteile zusammen dies zu entscheiden und zu verantworten.
Angelegenheiten des täglichen Lebens, die wiederkehrend oder weniger von wichtiger Bedeutung sind wie z. B. Kinderarzttermine wahrnehmen, die kann der Elternteil (bei dem das Kind wohnt, das Aufenhaltbestimmungsrecht hat), alleine ohne den anderen Elternteil entscheiden.
Mutter oder Vater haben die Möglichkeit beim Familiengericht die „alleinige elterliche Sorge“ zu beantragen. Ein solcher Antrag kann auch nur für Teile der elterlichen Sorge gestellt werden.
Der Richter des Familiengerichts überträgt die alleinige elterliche Sorge einem Elternteil, wenn er überzeugt ist, dass sonst das Wohl des Kindes gefährdet ist. Der Richter versucht, sich ein Bild von der Situation und Sichtweise des Kindes zu machen. Er bittet das Jugendamt um eine Einschätzung und je nach Alter befragt er das Kind. Es kann auch zusätzlich ein Psychologe vom Gericht beauftragt werden, um den Richter zu einer guten und endgültigen Entscheidung zu helfen, die das Kindeswohl erfordert. Meist haben die Eltern ein Rechtsanwalt, aber auch Kinder erhalten einen, den so genannten Verfahrensbeistand oder anders genannt Anwalt des Kindes.
Die Gerichtsverfahren und -entscheidungen erfolgen i.d.R. nach dem Verfahrensleitenden Kindeswohl.
Den Willen und die Interessen eines Kindes werde ich dem Gericht und allen Parteien kundgeben.
Ich agiere parteiisch für Kinder und Jugendliche.
Es ist mir in meiner Tätigkeit als Verfahrensbeistand (Anwalt des Kindes) besonders wichtig, Kinder und Jugendliche in Kindschaftssachen vor Gericht optimal zu unterstützen und zu einer tragbaren Lösungsfindung für das Kind beizutragen.
Der erste Kontakt mit dem Gericht soll für Kinder und Jugendliche keine einschüchternde Erfahrung werden! Kinder und Jugendliche müssen als Menschen ernst genommen und deren persönlicher Entwicklungsstand respektiert und in Gerichtsverfahren über Kindschaftssachen einbezogen werden. Dafür wird u. a. ein Verfahrensbeistand (Anwalt des Kindes) benötigt.
Ich bin Befürworter des sogenannten “Cochemer Modell“, dies ist eine multidisziplinäre Zusammenarbeit und Vorgehensweise zwischen dem Gericht, Behörden, Institutionen und Verfahrensbeteiligte stellt zum Wohl der betroffen Kinder. Ich befürworte das Cochemer Modell, weil hierbei die Perspektiven der Disziplinen Recht, Hilfe & Beratung, Psychologie, Sozialarbeit zusammen finden sollen, um eine Entscheidung durch die Gesamtansicht folgen zu lassen, anstatt einer Entscheidung auf rein juristischer Grundlagen. Die Entscheidungen sollten reflektierter zusammengefasst werden und die Ansichten der Kinder dabei berücksichtigen, um den Schutz ihrer Privatsphäre zu verbessern und das Verfahrensleitende Kindeswohl einzuhalten.
Derzeit sind das Cochemer und anderslautende Modelle wie Warendorfer Praxis oder Rheydter Modell leider in der Praxis noch nicht bundesweit eingesetzt. Die Umsetzung der Formierung an allen bundesweiten Gerichten etc. benötigt Zeit und Erfahrung. Ein hierzu wichtiger Ansatzpunkt ist Teilnahme bzw. die Fort- und Weiterbildung von Behördenmitgliedern und aus Bereichen der multidisziplinären Zusammenarbeit und Vorgehensweise.
Das Beschleunigungsgebot für Gerichtsverfahren ist grundsätzlich zu befürworten, weil dadurch die Kinder nicht lange in einem unsicheren und stressigen Status ausharren müssen. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen ein Verfahren bevorzugt langsam ablaufen sollte. Dieser Fall ist dann gegeben, wenn er dem Wohl des Kindes dient. Grundsätzlich muss gewährleistet sein, dass die Dauer des Verfahrens der Lebenssituation des Kindes entspricht und verhältnismäßig ist.
Ein wichtiger Schritt ist die Optimierung dieser Schnittstellen und Prozesse zwischen den Behördenmitgliedern und weiteren relevanten Institutionen und Personen. Die Dauer von Verfahren ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig – welche sich in die Länge ziehen können.
Für die betroffenen Kinder und Jugendlichen ist es wichtig, dass sich die jeweilige Zusammenarbeit oder Vorgehensweise der Verfahrensbeteiligten Institutionen oder Personen nicht negativ auf das Kindeswohl auswirken.
Maßnahmen und Handlungen sowie der Entscheid zur Einsetzung eines Verfahrensbeistands in Kindschaftssachen müssen auf der Grundlage des Kindeswohls und somit unter Berücksichtigung der Kinderrechte und des Kindeswille beschlossen werden.
Ein wichtiger Faktor für Kinder sind stabile Beziehungen zu Bezugspersonen – diese können durch verfehlte Maßnahmen abgebrochen werden
Als Verfahrensbeistand setze ich mich für das Kind ein und versuche negative oder verfehlende Maßnahmen für das Kind zu verhindern, z.B. das Maßnahmen erfolgen, wie beispielsweise die Zuweisung des Kindes aus Kostengründen in billigeres Heim oder Pflegefamilie (im Ausland) oder eine Rückführung des Kindes in die Familie, wenn dies gegen das Kindeswohl verstößt. Weder eine kostengünstigste noch teure Maßnahme hilft dem Kind, denn nur eine kindeswohlorientierte Maßnahme ist der beste Kinderschutz und für die Gesellschaft kostensparender.